Als der Journalist Bernhard Guillemin im August 1925 für ein Interview in de Fioris Atelier erschien, ließ er seinen Blick über die Galerie berühmter Persönlichkeiten schweifen, deren Porträts der Bildhauer modelliert hatte: Die Büste des italienischen Opernsängers Beniamino Gigli stand neben der Carina Aris, deren Karriere als Tänzerin in Paris zu dieser Zeit Fahrt aufnahm. Am meisten fesselte Guillemin das Bildnis des amtierenden Weltmeisters im Schwergewicht und US-amerikanischen Superstars Jack Dempsey (1895–1983). Im Gespräch erwies sich de Fiori als leidenschaftlicher Kenner des Sports. Dempseys Stärke sei es, mit Seele zu kämpfen: „Einfühlung in den Gegner und blitzhaftes, verstandsstarkes, ja verschlagenes Einbeziehen des Erfühlten in die kämpferische Taktik“, dies sei Dempseys „Genie“. Hinzu käme „ein ungeheuer vervollkommnetes Instrument – sein Körper“. Guillemin wies de Fiori darauf hin, dass ihn damit ein Problem interessiere, das kein anderes als das der Plastik sei. Der Bildhauer stimmte ihm zu, „es handle sich in beidem um das Problem: Körper – Seele. In den Körper, den ich gestalte, versuche ich die Tugenden hineinfließen zu lassen, die mir vorschweben. Jede Form, die der Bildhauer schafft, jede Biegung, die er dem Körper gibt, muss einer menschlichen Tugend entsprechen, sonst ist sie leer“. Beim Faustkampf verhalte es sich ebenso. Dempsey, so de Fiori weiter, sei ein feiner Mensch: „Er sagte zu mir: Der Unterschied zwischen Ihnen und mir ist, dass Sie mit den Jahren immer besser werden, ich immer schlechter“ (Abdruck in: Beatrice Vierneisel, Ernesto de Fiori. Das plastische Werk, 1911–1936, Berlin 1992, S. 152 f.). | Sven Haase